Automatischer vs. manueller Handel – was ist besser?

Automatischer vs. manueller Handel – was ist besser?

Immer wieder diskutieren Trader über die Frage, welcher Handelsansatz im Trading der beste ist. Dabei geht es nicht darum, ob es nun Scalping, Daytrading, Swing- oder Positionstrading sein soll, sondern um die Vor- und Nachteile des automatischen vs. manuellen (diskretionären) Handels. Bei diesem Thema lassen sich Trader schnell in 2 Lager einteilen: Während die einen den automatisierten Handel kategorisch ablehnen, sind die anderen von den Vorteilen überzeugt, die sich aus dem Einsatz eines Trading-Roboters ergeben. Welche Vorgehensweise ist nun besser, der automatische oder der manuelle (diskretionäre) Handel?

Unter dem Stichwort „diskretionärer“ Handel versteht man in der Trader-Szene den Handel „nach eigenem Ermessen“. Der Händler trifft also Entscheidungen nach seiner persönlichen Einschätzung. Der Entscheidungsfindung können dabei verschiedene, von subjektiver Wahrnehmung geprägte Analyseprozesse zugrunde liegen. Oft werden dabei Faktoren wie die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, Saisonalitäten oder Sentimentanalysen berücksichtigt. Dabei gibt es keine starren Regeln, an die sich der Trader hält. Es kann also sein, dass an einem Tag ein Trade eingegangen wird, während man genau das gleiche Setup an einem anderen Tag nicht umsetzt. Bei diesen Ansätzen findet nämlich unter anderem die persönliche Befindlichkeit Berücksichtigung. Fühlt sich der Händler körperlich oder geistig nicht in der Lage zu traden, kann er mit unterschiedlichen Positionsgrößen oder einer variierenden Tradefrequenz reagieren.

Systematik vs. Erfahrung

In der Regel haben diskretionäre Trader auch keinen exakten Ablaufplan für das Trade-Management. Beispielsweise kann sich die Stoppsetzung an markanten Marken im Chartverlauf oder an Indikatoren orientieren oder sogar frei nach Gefühl erfolgen. Auch bei der Bestimmung der Kursziele wird für jeden Trade individuell auf Basis der äußeren Faktoren entschieden. Der wichtigste Faktor für den Erfolg des diskretionären Traders ist die Erfahrung. Je länger er bereits an den Märkten aktiv ist und je mehr außergewöhnliche Situationen er erlebt hat, desto effektiver kann er sein Trading gestalten. Viele diskretionäre Trader verzichten komplett auf die Unterstützung automatischer Handelsprogramme, weil sie sich nicht wohl dabei fühlen, wenn ihnen Entscheidungen von einem Computerprogramm abgenommen werden. An dieser Stelle unterscheiden sie sich stark von den Verfechtern des voll- oder halbautomatisierten Handels.

Automatisierter Handel

Wie der Name bereits vermuten lässt, läuft der Handel hier völlig automatisiert ab und lässt keinerlei Interpretationsspielraum. Feste Regeln bestimmen das tägliche Geschehen. Die Handelsentscheidungen werden vom Computerprogramm getroffen und ausgeführt. Ein einfaches Beispiel für ein solches Programm wäre das folgende:

Sobald die 50-Tage-Linie die 200-Tage-Linie von unten nach oben durchstößt, wird eine Long-Position eröffnet. Wenn die 50-Tage-Linie anschließend wieder unter die 200-Tage-Linie fällt, wird diese Long-Position geschlossen und eine Short-Position eröffnet.

MA EURUSD
Sobald der 50er MA den 200er MA von unten nach oben kreuzt, wird eine Long-Position eröffnet. Kreuzt er von oben nach unten, eine Short-Position.

Dieses Muster setzt sich dann immer weiter fort. Um die Trefferquote zu erhöhen und mehr Fehlsignale auszufiltern, fügen die meisten automatischen Handelssystementwickler auch noch Oszillatoren hinzu. Manuell muss der Händler hier nicht mehr aktiv werden. Generell können alle Handelssysteme, die auf klaren Regeln beruhen und keinen subjektiven Einflüssen unterliegen, zu einem Handelsroboter programmiert werden. Die Programmierung bezieht sich dabei in der Regel auf charttechnische Muster, aber auch News und andere externe Faktoren können mit einbezogen und ausgewertet werden.

Vollautomatisch vs. teilautomatisch

Große Fonds arbeiten aktuell bereits an vollautomatischen Handelsprogrammen, die teilweise sogar über künstliche Intelligenz verfügen und in der Lage sind, selbstständig zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Neben dem vollautomatischen Handel gibt es außerdem die Möglichkeit, teilautomatisch zu handeln. Das bedeutet beispielsweise, dass der menschliche Händler entscheidet, wann genau er ein bestimmtes Handelsprogramm einsetzt und wann nicht. Ein teilautomatisierter  Handelsansatz würde auch dann vorliegen, wenn alle Trades vom Trader eröffnet, anschließend aber von einem Handelsroboter betreut werden. In diesem Fall könnte beispielsweise das Management in Bezug auf Ziel- und Stoppsetzung an den Roboter abgebenen werden.

Die Gegenüberstellung

Automatisierter vs. diskretionärer Handel – die Handelsansätze könnten unterschiedlicher kaum sein. Während beim diskretionären Handel nach eigenem Ermessen agiert wird, gibt es beim automatisierten Handel klare Vorgehensweisen. Für deren Einhaltung sorgen die programmierten Helferlein. Die jeweiligen Vorteile der beiden Handelsansätze liegen auf der Hand. Der manuelle Handel punktet mit seiner großen Flexibilität. Hier ist der Händler jederzeit in der Lage, seine Handelsentscheidungen den sich ändernden Marktbedingungen anzupassen. Es ist fraglich, ob automatisierte Handelsprogramme bereits in der Lage sind, komplexe Nachrichten oder Ereignisse korrekt zu interpretieren. Ein menschlicher Händler lernt außerdem kontinuierlich, wenn er sich mit den Märkten beschäftigt. Das Gehirn ist noch immer er wohl lernstärkste Rechner der Welt. Aber auch der automatisierte Handel bietet viele Vorteile. Der Trader spart beispielsweise viel Zeit, indem er den Handel an einen elektronischen Helfer delegiert. Dieser wird nicht müde und arbeitet immer exakt mit absoluter Präzision. Insbesondere dann, wenn eine klare Handelsstrategie vorliegt, sind automatische Programme einem menschlichen Händler um Längen voraus. Bei objektiven und mathematischen Berechnungen ist die Technik mittlerweile auf einem Stand, der weit über dem des Menschen liegt. Ein weiterer Vorteil des automatischen Handels liegt in der Emotionslosigkeit. Jeder, der sich schon einmal in einer Drawdown-Phase befunden hat, weiß, dass sie eine große psychische Herausforderung ist. Nicht wenige Händler weichen in diesen Fällen von ihrer bisherigen Methode ab und machen sich auf die Suche nach neuen Strategien. Dabei kann es gut sein, dass die eigentliche Strategie in Kürze wieder erfolgreich gewesen wäre. Diese Probleme kennt ein automatisiertes Handelsprogramm nicht. Es hält sich auch in Drawdown-Phasen strikt an die programmierten Vorgaben ohne davon abzuweichen. Somit wird garantiert, dass der Handelserfolg ausschließlich von der Strategie abhängt und nicht von der persönlichen Gefühlslage des Händlers. Hat ein Händler eine klar definierte Strategie, die er aktuell manuell umsetzt, dann sollte er darüber nachdenken, ob er diese Aufgabe nicht lieber an ein Handelsprogramm abgibt. Objektiv gesehen gibt es in diesem Fall absolut keinen Grund, selbst zu handeln. Unter der Voraussetzung, dass die Programmierung korrekt ist und das Programm auf einem stabilen Rechner läuft, erreichen die Programme hier eine Perfektion, die ein Mensch nicht erreichen kann. Zudem kann der menschliche Händler durch die Automatisierung Zeit sparen, die er beispielsweise auf die Entwicklung neuer Strategien verwenden kann. Der (teil-) automatisierte Handel ist auch besonders für Trader geeignet, die noch einer Voll- oder Teilzeitbeschäftigung nachgehen.

Pro Contra
Diskretionärer Handel
hohe Flexibilität emotional anspruchsvoll
Lerneffekt für den Trader zeitaufwendig
Einbeziehung vieler Faktoren fehleranfällig
Automatisierter Handel
hohe Geschwindigkeit Programmierkenntnisse notwendig
Programme arbeiten rund um die Uhr aufwendige Programmierung
keine Emotionen fehlende Interpretation von Nachrichten
Zeitersparnis für den Trader auch automatische Systeme machen Fehler

Fazit

Dieser Artikel hat sowohl die Vor- und Nachteile der beiden Handelsansätze vor Augen geführt. Letzten Endes muss jeder Trader für sich selbst entscheiden, welchem Handelsstil er lieber nachgehen möchte: dem diskretionären oder dem automatisierten. Es ist aber durchaus auch möglich, mit einer Kombination beider Varianten in Form des halbautmatischen Systems erfolgreich zu handeln und somit die Vorteile beider Systeme (Erfahrung/Intuition) auszunutzen während man die Nachteile (Emotionen) weitgehend eliminiert.

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